Publikationen, Projekte, Persönliches

10.11.2017

Mockingjay. Oder: Wie produziert man eine gute Verfilmung?

Manchmal frustriert mich die Kino-Landschaft in Aachen wirklich bis zum Anschlag - zum Beispiel dann, wenn ich Wert darauf lege einen Film *nicht* in 3D oder *nicht* in der deutschen Synchro zu sehen und mit der Auswahl zurück bleibe Montags Abends (sprich: am Anfang einer langen Arbeitswoche, in der um 6Uhr morgens der Wecker klingelt) oder gar nicht ins Kino zu gehen.
Ab und zu liegt es also tatsächlich nicht an meiner häufigen Unlust mein Sofa zu verlassen, dass ich Filme im Kino verpasse, sondern - wie in diesem Fall - einfach daran, dass ich lieber Mockingjay als Spotttölpel sehen wollte.

Da mein Mann meinen Schmerz aber kennt, bekam ich in diesem Jahr zum Geburtstag die komplette Blu-Ray Box geschenkt, in der sich - Freude über Geek Freude - etliche Stunden Bonusmaterial finden, Kostüme, Set-Design, Storyboarding und was das Herz mehr will, wie das LotR Bonusmaterial, aber mit weniger Orks und mehr dystopischen Bärten!;-)

Ich will eigentlich gar nicht so sonderlich auf die Filme eingehen, weil hinlänglich bekannt sein dürfte, dass ich hartes Fan-Girl-Material bin in der Hinsicht - ich finde die Bücher großartig, ich finde die Hörbücher großartig, ich fand die ersten beiden Filme großartig, es war also nicht zu erwarten, dass die letzten beiden Filme weniger als die 4,5 von 5 Fallschirmen einfahren würden, mit den üblichen Abzügen für die Lady of Soundtrack-Sorrow und so. Ich muss allerdings sagen, dass mir der 2. Teil von Mockingjay sehr gehetzt vorkam und mir im Gegensatz zu den Vorgängern viel an Charakterentwicklung zu fehlen schien. Allerdings möchte ich das fast nicht als Abzugsgrundlage verwenden, weil das 3. Buch eben auch so eine Achterbahngeschwindigkeit rausholt gegen Ende und man hätte ja kaum noch einen dritten Film daraus machen können....

Ich habe mich beim Konsumieren aber eher gefragt, was diese Verfilmung - und LotR - so großartig umgesetzt macht und andere - Harry Potter oder Der Hobbit - so furchtbar in die Hose gehen.
Und das ist gar nicht so einfach:

- Es kann nicht an der Beteiligung des Autors liegen. Den Autor in den Drehbuchprozess einzubinden, halte ich für wichtig und irgendwie auch respektvoll, zumindest wenn einem an der Vorlage mehr liegt als "let's see how much money we can make". Aber Tolkien stand weder für LotR noch für den Hobbit zur Verfügung und J.K. Rowling war an den HP Verhunzungen beteiligt. Das ist es also nicht.
- Es kann nicht daran liegen, dass alle (oder die meisten) Filme von einem Regisseur stammen. Auch wieder - LotR großartig, Hobbit saugt bigtime, sogar derselbe Typ, daran kanns also auch nicht liegen.
- Es kann nicht daran liegen, dass man das Gefühl bekommt, dass Cast und Crew eine richtig gute Zeit hatten. Es hilft bestimmt, dass man wirklich glaubt, dass diese Leute nicht nur so tun als hätten sie Spaß am Dreh gehabt, das macht ja auch das LotR Bonusmaterial (unter anderem) so unterhaltsam. Aber der HP Cast ist mehr oder minder auch "zusammen aufgewachsen" und es gibt ziemlich wenig Sets von denen man wirklich negatives hört - es sei denn du hast Jared Leto gecastet, dann kommen Grütze wie Suicide Squat und tote Schweine dabei raus, selbst Schuld.^^

Wenn es aber nicht das Drehbuch und nicht der Cast und nichtder Regisseur und eigentlich auch nicht das Budget sein kann, was ist es dann?

Am Ende glaube ich es ist eine Kombination aus Vertrauen und Pedanterie:
Sowohl LotR als auch Hunger Games wurde von einem Produzenten (Team) gemacht, das dem Regisseur freie Hand gelassen und darauf vertraut hat, dass der die Vision umsetzen wird, die man vorher erarbeitet hat.
Es gab, soweit man hört, kaum re-shoots und nur sehr wenig deleted scenes und ganz sicher wurde nicht mitten im Film beschlossen doch nochmal alles anders zu machen.
Und deswegen steht erarbeitet kursiv, denn was immer wieder gesagt wird in HG und LotR, ist wieviel Zeit die Vorbereitung in Anspruch genommen hat. Das pedantische Planen und Durchdenken von Details. Und das nicht nur bei Regie und Produzenten, sondern *überall*.

Wieviel Spaß hatten wir beim LotR Making-Of an dem Menschen, der orkische Runen in Grond gekratzt hat, und sich unsicher war über die korrekte Grammatik?
In HG gibt es eine komplette Untergrund-Farm in District 13, die 9 Monate gebraucht hat, bis die Pflanzen groß genug waren und sie kommt nur in den deleted scenes vor.
Oder man schaue sich das Make-Up für die 150 Brandopfer-Statisten an und sei beeindruckt von den Pyramiden(!) aus Umzugskartons(!) mit fake-Brandwunden und man sieht was ich meine.

Die Moral von der Geschichte sollte also wohl sein: Je akribischer ich vorher plane, desto freier kann ich nacher meine Leute arbeiten lassen, weil alle darauf vertrauen, dass am Ende das rauskommt was vorher besprochen war.
Läuft leider nicht immer so, der nächste Film, bei dem die Regie mittendrin gefeuert wurde oder gegangen ist, steht bestimmt demnächst schon vor der Tür. Kann mir nicht vorstellen, dass das hilft.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank!