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10.10.2015

Queen of the Tearling

Ich kaufe im Urlaub ab und zu gerne Bücher, nicht unbedingt, weil ich sie dann dringend lesen will, sondern weil ein ganz gemütlicher Spaziergang durch eine unbekannte Buchhandlung so eine wunderbare Einfalltür für Serendipity ist - Bücher, die ich schon kenne, oder von deren Existenz ich schon weiß, kann ich auch online kaufen, aber einfach mal an so einem großen Bücherregal vorbeizuschlendern ist halt noch was anderes und im Urlaub habe ich meistens mehr Zeit und Lust dazu.

Ein bißchen wie die Jungfrau zum Kinde - und vor allem weil ich das Cover großartig fand - kam ich daher zu einem un-fantasiesken Fantasy Buch: The Queen of the Tearling geschrieben von Erika Johansen


Für diesen Erstlingsroman gibt es mal wieder keinen Klappentext, nur unrelevante Pressestimmen, aber eigentlich lässt sich die Grobhandlung tatsächlich fast aus dem Satz auf dem Cover ableiten: Du bist die zukünftige Königin, wenn du es bis zu deiner Krönung schaffst, sehen wir weiter.
Auf dem Buchrücken wird der Vergleich mit Game of Thrones gezogen - was verständlich ist, da die Welt offensichtlich recht brutal ist;-) - und zu Hunger Games, was im Prinzip auch Sinn macht, denn viele Themen finden sich hier wieder: Eine junge Heldin im Überlebenskampf, der Kontrast von Arm und Reich und die Revolution gegen die Dekadenz und Korruption des Letzteren.

Im deutschen heißt das dann "Königin der Schatten", was sich mir a) nicht wirklich als sinnvolle Übersetzung erschließt, aber was b) noch viel schlimmer, mein Arbeitstitel für eine mögliche Fortsetzung für Elysion war. Hmpf!;-)

Ich bin allerdings bereit darüber hinweg zu sehen (die Autorin kann ja auch nix dafür vermutlich), denn die Geschichte macht - wie Hunger Games - einige Dinge ziemlich richtig:
- Die Idee eine "Mantel und Degen" Geschichte in der Zukunft zu erzählen - Fantasy-Science-Fiction? - gefällt mir hervorragend. Was das myteriöse "Crossing" notwendig gemacht hat, dass im 24. Jahrhundert dafür gesorgt hat, dass die Zivilisation quasi auf einen Entwicklungsstand vor dem Buchdruck zurückgefallen ist, wird noch nicht wirklich deutlich, aber die Grundlage ist spannend und unvorhergesehen und ein netter Rahmen um mal ein paar lahme Klischees zu hinterfragen.;-)

- Man sieht es schon: Es wird nicht viel erklärt und ich liebe es (mit leichten Abzügen;-)! Die Erzählerperspektive ist 3.Personal, was manche Einschübe aus anderen Sichtweisen als die der Hauptfigur erlaubt (anders als in HG), aber es wird nichts erklärt, was in der in-time Logik keinen Sinn macht. Das führt dazu, dass man als Leser viele Dinge nicht erklären kann, die die Figuren nicht erklären, weil es für sie "Lebensrealität" ist und das ist auch gut (oder zumindest konsequent) so!;-)

- Ähnlich wie bei Katniss hat man eine Hauptfigur, die man gleichermaßen nervig und großartig finden kann. Nach einer Weile haben mich die ständigen Hinweise darauf, dass sie ja zu dick und hässlich für eine "Prinzessin" ist, ein wenig genervt - ich finde es super, wenn weibliche Hauptfiguren badass sind, ohne dabei conventionally pretty zu sein, aber irgendwann hat man das auch kapiert.;-) Ich ziehe allerdings dafür mal keinen Punkt ab, weil es wenigstens noch ein wenig Charakterinhärent erklärt wird (so ich vs meine hübsche, aber dumme Mutter). Ähnlich nervt es mich, dass in der Verfilmung das dicke, hässliche Mädchen, das badass Königin wird, von Emma Watson gespielt werden wird. Nicht, weil ich glaube, dass sie nicht badass ist, aber man hätte diese Chance mal ergreifen können, jemandem mit Talent eine Chance zu geben, der tatsächlich dick und/oder nicht conventionally pretty ist... naja scheinbar zu kontrovers für Hollywood, aber auch nix wofür das Buch was kann.
Immerhin bleibt einem noch der Meta-Humor, dass sich Ex-Hermione Granger in dieser Rolle darüber aufregen darf, dass Fantasyliteratur wie Harry Potter & LotR keine gescheiten weiblichen Hauptrollen hat. Ich hoffe doch sehr, dass sie diese Stelle drin lassen!;-)

Einen einzigen Abzug habe ich dann aber doch: Damit die "es wird nichts erklärt, was die Hauptfigur nicht erklärt bekommen muss" Herangehensweise funktioniert, ist es notwendig, dass die Hauptfigur ziemlich wenig weiß, also wird sie in völliger Unwissenheit über ihr Königreich aufgezogen. Hm. Macht für mich wenig Sinn, das hätte man evt. anders lösen können, weil es ein wenig komisch kommt: Du bist in Lebensgefahr und wir alle erwarten große Dinge von dir. Aber Informationen, mit denen du das irgendwie hinkriegen könntest, geben wir dir nicht, weil deine Mutter uns das verboten hat...
Außerdem wird der Leser manchmal im Ungewissen gelassen über Dinge, die tatsächlich erklärt werden - ala: Und er erzählte er ihm alles was er wußte. - das ist als Spannungsaufbaumethode manchmal zulässig, aber wird mir hier zu oft angewendet. Ich steh nicht so auf diese Thriller-Erzählweise mit 1000 Twists, wie man vielleicht noch weiß.;-)

Trotzdem bleiben 4 von 5 Bärenfallen übrig (ich liiiiebe dieses Cover...;-) und den 2. Band habe ich schon bestellt, das dürfte genau richtig sein für kalte Herbsttage.

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