Publikationen, Projekte, Persönliches

24.08.2012

Konsumieren vs. Produzieren. Ein unbeachtetes Dilemma?

Letztlich wurde mir wieder einmal gesagt, ich sei "schwierig" was Belletristik betrifft - eine Feststellung (ein Vorwurf wäre es ja nur, wenn man von mir verlangte das zu ändern;), die ich inzwischen so oft gehört habe, dass ich inzwischen einfach nur noch antworte: Berufskrankheit.
Aber ist das wirklich der Kern des Pudels?

Sicherlich ist es richtig, dass man....ungeduldiger wird was fiktionale Texte angeht, wenn man selber schreibt - es ärgert mich einfach furchtbar, wenn ich feststellen muss, dass Autoren schlampig arbeiten, oder einfach nach dem Motto schreiben/recherchieren "das merkt ja eh keiner". Sicherlich kommt man selber auch schonmal an die Stelle an der man denkt (Zitat Thomas) "das ist so nicht 100% korrekt, aber die 3Menschen auf dieser Welt, die sich gut genug auskennen das zu merken, werden das Buch eh nicht lesen" und lässt es mal gut sein, aber viele Bücher - auch die, die sich furchtbar gut verkaufen - sind einfach objektiv betrachtet nicht besonders gut geschrieben. Das kann man ignorieren, muss man aber nicht und meistens will ich das halt nicht!;-)
Andererseits gibt es aber auch einfach Genres, Stile oder Geschichten, die mich einfach nicht interessieren, ob sie nun gut geschrieben sind oder nicht. Soweit finde ich nicht, dass man sich dafür entschuldigen muss - man könnte eventuell ab und zu mal was Neues probieren, aber eine moralische oder kulturelle Verpflichtung leitet sich für mich daraus nicht ab - never change a winning book, oder so ähnlich.;-)

Ein moralisches Dilemma ergibt sich aus dieser Argumentation aber doch irgendwie und zwar dieses: Wenn ich es für mich selbst als völlig gerechtfertigt empfinde mich für viele Dinge einfach nicht zu interessieren, ist es dann nicht ein bißchen unfair zu erwarten, dass meine neuen Gehirnauswüchse aber bitte Beachtung finden sollten?

Theater spielen z.B. finde ich super - Theater sehen interessiert mich aber weniger...kann ich also guten Gewissens von meinen Freunden verlangen, dass sie sich "mein" Theaterstück ansehen und gleichzeitig ein nur semi-begeisterter Theater-Gänger sein?
Momentan schreibe ich gerne Kurzgeschichten und ab uns zu sogar mal Lyrik - in meinem Schrank stehen aber nur genau 2 Kurgeschichten Bände (beide von Neil Gaiman) und 0 Lyrikbände, weil ich nicht wirklich ein Lyrik-Fan bin. Kann ich trotzdem erwarten, dass man meine Kurzgeschichten lesen sollte?;-)

Um dieses interne Dilemma aufzulösen, habe ich mal versucht in mich zu gehen und herauszufinden, warum selber-machen und zusehen einen so großen Unterschied macht?
Ein gutes Beispiel: Ich habe als Kind mal mit Tennis spielen angefangen und fand das ganz lustig, bis man mich quasi gezwungen hat Tennis im Fernsehen zu verfolgen - das wiederum fand (und finde) ich so unfassbar langweilig, dass mir die Lust auf den ganzen Sport vergangen ist...

Ich glaube - man möge mir da widersprechen - dass die Faszination von produzieren einen positiven Objektivitätsverlust beeinhaltet, den konsumieren einfach nicht erzeugt. Gemeinhin nimmt man den Verlust von Objektivität ja als negativ an, aber in diesem Kontext ist damit die Identifikation meines Selbst mit einem Projekt gemeint, die ich nur duch do-it-yourself erreichen kann.

Vielleicht sollte man also lieber nicht von Objektivitätsverlust, sondern von Identifikationsgewinn sprechen, das klingt positiver, auch wenn es eigentlich fast dasselbe tut.;-)

Ein Projekt vom Start bis zum Ende kontinuiertlich zu begleiten, aufzubauen, Energie und Zeit zu investieren, zu hinterfragen, umzudenken, wieder zu hinterfragen und jeden einzelnen Schritt quasi als Sieg zu feiern, nimmt uns einen gewissen Teil unserer Distanzierungsfähigkeit - im besten Fall nicht 100% davon, denn das würde wiederum dem Kritischen Hinterfragen im Weg stehen - und lässt so eine Identifikation mit dem Projekt entstehen, der keine Begeisterung für ein "Fremdwerk" vollkommen gleichkommen kann, weil ihm die zentrale Komponente der "erbrachten eigenen Leistung" und der entsprechenden Befriedigung fehlt. Oder im Alltagsdeutsch: Ich kann nicht stolz auf etwas sein, das jemand anderes produziert hat und wenn es noch so gut ist!;-)
Man kann allerdings stolz auf eine Person sein, die etwas Tolles produziert hat, das setzt aber eine emotionale Bindung zur Person voraus!

Und mit dieser emotionalen Bindung löst sich vielleicht auch mein Dilemma: Ich lese Arbeiten & Geschichten, oder sehe mir Theaterstücke von meinen Freunden an, weil ich weiß, das ihnen das viel bedeutet und ich stolz auf sie bin, für die Leistung, die sie erbracht haben. Das ich mich für dasselbe Stück oder dieselbe Geschichte nicht interessieren würde, wenn sie jemand fremdes geschrieben hätte, mindert meine emotionale Verbundenheit an dieser Stelle überhaupt nicht!
Und daraus resultiert, dass wenn ich stolz auf eine Leistung bin, kann ich (hoffentlich) von meinen Freunden etc. erwarten, das sie das zur Kenntnis nehmen, auch wenn das "Produkt" an sich nicht ihr Ding ist!:-)

Isn' this nice?;-)

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