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25.07.2012

Ragnarok. Oder: The Gods Deserve to Die? Really???

Ich finde es immer wieder schwierig, wenn mich Leute fragen: Was liest du grade?
Prinzipiell ja eine ziemlich gradlinige Frage, auf die ich leider meistens keine gradlinige Antwort habe...
Fakt ist, meistens "lese" ich mindestens 3 Bücher gleichzeitig - ein Hörbuch ist eigentlich immer auf dem MP3 Player, meistens haben wir ein "Vorlese-Buch", falls das Fernsehprogramm grade mal wieder nix hergibt und dann habe ich für mich noch immer mindestens 2 Bücher auf dem Nachttisch.
Momentan liegt da beispielsweise ein Band "Petit Nicolas", damit das Französisch üder die Ferien nicht wieder einschläft, ein Sachbuch, das ich schonmal gelesen hatte (zum Hirn entspannen, traurig aber wahr, mein Hirn entspannt bei sowas;) und ein neues Buch (mich auf neue Bücher einstellen, finde ich manchmal ein wenig schwierig, je nach Müdigkeitslevel)...

Nach diesem etwas nerdigen Interlude, also jetzt zu eigentlichen Thema: Was war denn nun das neue Buch?

Das neue Buch für diesen Monat war Ragnarok von A.S. Byatt - ein Geburtstagsgeschenk vom Göttergatten (pun intendet!)


Wenn ich es schon über mich gebracht hätte die neuen Zwischenstände für die Bruchstücke zusammenzustellen, dann wüßte man vielleicht, dass sich bei den "Geschichten im Beta-Stadium" auch eine mit dem Titel Götterdämmerung findet. Mein armer Mann muss ja meistens als erste Beta-Instanz herhalten und fühlte sich wohl durch diese Erfahrung befleißigt mir dieses Buch zu kaufen - ob nun aus Begeisterung für meine Geschichte, oder um mir zu beweisen, dass das Thema schon ziemlich abgenudelt ist, lasse ich mal dahingestellt!;-)

Als kleiner Layout Freak muss ich erstmal darauf hinweisen, dass ich das Cover einerseits super, andererseits furchtbar finde. Bildgestalterisch gefällt mir das ton-in-ton Konzept sehr gut, der Untertitel "The End of the Gods" ist vielleicht ein künstlerisches Element, vielleicht auch nur die Übersetzung für Menschen, denen Ragnarök nichts sagt. ;-)

Aber was mich wirklich, wirklich, WIRKLICH stört, ist dieser komische Satz über dem Titel: Greedy, Cruel, Foolish, the gods deserve to die...

Was soll das da? Und was noch schlimmer ist: Was hat das mit dem Buch zu tun???
Sieht man sich ein Cover an, entwickelt man eine Erwartungshaltung über den Inhalt - ist leider so - und dieser Satz weckte in mir die Assoziation ein witziges, dramatisches Buch über Asgard und seine Bewohner zu lesen. Leider hat das mit dem Buch überhaupts nichts zu tun, daher muss man sich bei meiner Bewertung leider immer bewußt machen, dass ich erstmal über diese völlig falsche Erwartungshaltung hinwegkommen musste...

Was Ms Byatt in diesem Buch nämlich abliefert, ist ihre Aufarbeitung ihrer 2.Weltkriegskindheit, während der sie fasziniert von einem Sachbuch über die Nordischen Götter war und sich anhand dessen ihre Kriegsgegewart zu erklären versuchte. So. Und nun bewerte man diesen Satz auf dem Cover bitte nochmal. Geht gar nicht, oder?
Der Klappentext ist allerdings ausnahmsweise ein wenig besser - zumindest wird da mal erwähnt, dass es eigentlich nicht wirklich um Götter geht!;-)

Ich muss leider sagen, dass ich mich von diesem Realitäts-Erwartungs-Schock nicht wirklich erholt habe, auch wenn das Buch in großen Teilen wirklich sehr malerisch geschrieben ist und ich diesen Stil eigentlich mag. Aber Kindheitstrauma- und Kriegs-Aufarbeitungsbücher und/oder irgendwas in dem Nazis vorkommen, sind leider ü-ber-haupt-nicht mein Ding!
Ich will nicht die Augen davor verschließen, dass Krieg furchtbar ist, ich glaube das sogar mit jeder Faser meines innersten Ichs - aber gerade deswegen möchte ich lieber den ungemeinen Luxus genießen mich nicht damit beschäftigen zu müssen...

Ein Gutes hatte diese Erfarhung aber immerhin - meine Befürchtung es habe schon jemand meine Idee vor mir gehabt, hat sich zu 1000% als falsch herausgestellt!;-)

Trotzdem ist das Buch trotz aller "handwerklichen" Qualität einfach so überhaupt nicht my cup of tea und daher kann ich leider auch mit schriftstellerischer Solidarität nicht mehr als 2 von 5 Flügelhelme dafür vergeben.

4 Kommentare:

  1. Weißt du, was ich an dir bewundere? Dass du so klar negative Meinungen über Sachen haben und äußern kannst, bei denen eigentlich unter hohem sozialen Druck von einem erwartet wird, super diplomatisch rumzustammeln und sich dafür zu entschuldigen, dass der andere einen Fehlkauf getätigt hat.
    Ich meine, ich bringe es nicht übers Herz, meiner Oma zu sagen, dass sie jedes mal grandios falsch liegt, wenn sie mir oder meinem Mann Bücher schenkt. Sie gibt sich wirklich Mühe, auf unsere Interessen - nach denen sie gefragt hatte - einzugehen, aber sie hat einfach absolut kein Talent dafür. Es ist echt fast schon witzig, wie ein Sänger, der jeden Ton so halb verpasst. Sechs oder sieben Bücher liegen hier jetzt schon ungelesen rum, die weder mein Mann noch ich irgendwie ansprechend finden, und je länger ich versuche, diplomatisch 'danke' zu sagen, um sie nicht zu enttäuschen, desto blöder wird es. Vielleicht sollte ich ihr das so sagen? Andererseits geht es ja wirklich nicht darum, dass ich unbedingt darauf bestehe, nur tolle Sachen geschenkt zu kriegen, und es geht beim Akt des Schenkens ja nie nur um den Empfänger, sondern auch darum, dass der Schenkende für sich das angenehme Resultat eines Ausdrucks von Freude und Dankbarkeit beim Beschenkten erzielen will - worin die primäre Motivation des Aktes liegt; und diesen Zweck erfüllen die Bücher ja durchaus, solange ich das 'richtige' sage. Gleichzeitig denk ich nur immer "Geldverschwendung." und manchmal "Das könnte auch ein Stapel Schoki sein...".
    Ich glaub, ich mach mir mein Leben sehr erfolgreich schwerer als nötig ô.o

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  2. Hmmm...das kommt darauf an, würde ich sagen - Omas sind nochmal ein spezial gelagerter Sonderfall!;-)

    Nein, im Ernst, ich empfinde es schon auch als unglaubliches Glück, dass ich in meinem normalen Leben von Menschen umgeben bin, die reflektiert genug sind, als das sie es nicht persönlich nehmen, wenn ich sowas sage wie "ich kann total verstehen wie man darauf kommt mir dieses Buch zu schenken, aber leider ist es durch Faktor A/B/X leider doch nicht so mein Ding, auch wenn es eigentlich total gut geschrieben ist".
    Ich gebe mir ja auch Mühe in Bewertungen dieser Art solche Dinge nochmal differenziert rauszustellen - dass ich mit Kriegskindheitsplots aus meiner individuellen oder sozialen Prägung heraus mal so gar nix anfangen kann, ist ja weder die Schuld des Autors, noch des Schenkers und macht das Buch ja auch objektiv nicht schlechter!! :-)

    Aber ich bin mir schon auch bewußt darüber, dass ich sehr priveligiert bin sowas in meinem sozialen Umfeld äußern zu können, ohne falsch/persönlich angfreifend verstanden zu werden, so ist das nicht!:-)

    Eine ganz gute Strategie für Omas ist es aber - habe ich festgestellt - sich ganz bestimmte Sachen zu wünschen, am besten irgendwas "praktisches" für den Haushalt, oder sowas. Das findet meine Oma total super, dann kann sie mich in 3Monats-Abständen fragen, ob wir denn die neue Salatschüssel, den neuen Grill oder die neue Universalfernbedienung immer noch benutzen und ich kann ihr immer sagen "Ja Oma, funktioniert total super!" und wir beide sind glücklich! ;-)

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  3. Naja, mein Schatz und ich haben das Problem, dass wir nie wissen, was wir uns konkret wünschen sollten. Wir haben irgendwie alles, was man so braucht, und Bücher sind zumindest stapelbar -.-

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  4. Na, so wunschlos glücklich und ausgestattet zu sein, ist doch auch schon ein Geschenk an sich!;-)

    Dann musst du dich vermutlich damit abfinden ungelesene Bücher zu haben - ooooder die Zeit und Energie investieren Bücher zu finden, die du dir dann ganz konkret wünschen kannst (ich weiß das kann ganz schön anstrengend sein)...:-)

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Vielen Dank!